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1992 - 2024
32 Jahre entwicklungspolitische Arbeit

 

Jenseits der Entwicklungshilfe alten Stils
von Evelyn Herfkens
19.08.11     A+ | a-
Autorin: Eveline Herfkens (ehemalige Ministerin der Niederlande für Entwicklungshilfe 1998-2002, Gründerin der UN-Millenniums Kampagne (2002-007), Mitglied im Vorstand der Weltbank, Parlamentsabgeordnete der Niederlande)
Vorbemerkungen:
Wenn auch - gemäß UN-Report über Entwicklungsziele 2010 - die sogenannten Entwicklungsländer auf dem Weg zu sein scheinen, das Ziel der Armutsminderung bis zum Jahr 2015 zu erreichen, und wenn auch Hinweise bestehen, dass obige UN-Ziele mit der richtigen Politik und einer angemessenen internationalen Unterstützung zu bewältigen sind, so ist der erreichte Fortschritt hinsichtlich mancher dieser Ziele dennoch unzureichend, und einige der ärmsten Länder fallen zurück, weil die entwickelte Welt nicht die notwendige Menge und Qualität an Hilfe bereitstellt. In den von allen OECD Regierungen unterzeichneten Paris/Accra-Erklärungen findet sich Einvernehmen über die Bedingungen für effektive Hilfe: Ohne eigene Befugnisse seitens des Entwicklungslandes kann es keine dauerhaften Resultate geben! Die Regierungen der E-Länder sind in erster Linie zur Rechenschaft gegenüber ihren eigenen Bürgern und deren gewählten Vertretern verpflichtet, nicht aber gegenüber den Gebern! Letzteres untergräbt eher eine gute Regierungsführung und die Effektivität von Hilfe in den E-Ländern.

Dieser Beitrag versucht aufzuzeigen, warum, neben der Reduzierung der Zahl der Geber, die budgetäre Unterstützung die eigentlich beste Art der Hilfeleistung ist. Budgethilfen im Rahmen der Systeme des Empfängerlandes geben erst die Anstöße, welche mit höherer Wahrscheinlichkeit das öffentliche finanzielle Management auf Empfänger - sowie Geberseite verbessern helfen. Die Steigerung der Effektivität von EHilfe darf aber nicht zur Entlastung von Hilfsverpflichtungen auf anderen Ebenen dienen. Die reichen Länder verlieren sonst leicht ihre Glaubwürdigkeit, wenn sie zu Recht die Regierungshaltung der E-Länder in Frage stellen.

Auch Deutschland muss sich eine beträchtliche Mitverantwortung an der Kluft zwischen angekündigten Milliarden Euros und dem, was tatsächlich geleistet wurde, vorwerfen lassen.

Einleitung
Die „Millennium-Erklärung“ stellt das wichtigste Versprechen dar, welches jemals den verwundbarsten Menschen der Welt gemacht wurde. Das Erreichen der Ziele dieser Erklärung – z.B. die Armut zu halbieren, oder bis 2015 eine Art Grundschulbildung für alle zu erreichen - würde das Leben von Milliarden Menschen überall in der Welt entscheidend verbessern. Die Erklärung hat weltweit Handlungsimpulse ausgelöst. Viele Regierungen von E-Ländern haben ihre Wirtschaftspolitik und ihre Regierungsführung umgestaltet; und auch entwickelte Länder haben eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, die darauf abzielen, das Niveau und die Wirksamkeit ihrer Hilfe anzuheben. Das Resultat bedeutet Fortschritte für eine große Zahl von Staaten und zeigt sich in entsprechenden Indizes.

Dem UN-Report über Entwicklungsziele 2010 zufolge ist die gesamte „unterentwickelte“ Welt auf dem Weg, das Ziel der Armutsbekämpfung bis 2015 zu erreichen – trotz erheblicher Rückschläge durch die Krise 2008/2009. So wird damit gerechnet, dass z. B. die Tuberkuloserate erwartungsgemäß gestoppt wird und abnimmt, und das gesteckte Ziel der Trinkwasserversorgung bis 2015 erreicht oder möglicherweise übertroffen wird. Größere Fortschritte zeichnen sich auch beim Schulbesuch von Kindern in vielen der ärmsten Staaten des subsaharischen Afrika ab; bemerkenswerte Verbesserungen in Schlüsselbereichen – wie der Malaria- und Aidsvorsorge und der Immunisierung gegen Masern – haben die Kindersterblichkeit um ein Drittel reduziert. Während diese Ergebnisse zeigen, dass die Ziele mit der richtigen Politik und einer angemessenen internationalen Unterstützung erreichbar sind, ist der Fortschritt auf mehreren Problemfeldern noch unzureichend. Einige der ärmsten Länder fallen zurück, in beträchtlichem Maße durch das Versäumnis der entwickelten Länder, eine angemessene Menge und Qualität von Hilfe zu leisten. Die verschiedenen Ebenen der Hilfe Die Millenniumserklärung regte zu großmütigen Zusagen an, die Hilfsleistungen und deren Effektivität zu erhöhen und dies mit Taten, Plänen, Indizes und Terminierungen zu belegen ( die Gipfel von Gleneagles und Luxembourg 2005, Paris 2005, Accra 2008).

Diese Selbstverpflichtungen sind jedoch nicht in den Budgets und entsprechenden Ministerien umgesetzt worden. Das Ausbleiben einer angemessenen und wirksamen internationalen Finanzhilfe ist also ein wesentliches Hemmnis für das Erreichen der Zielvorstellungen, dafür tragen die reichen Länder weitgehend die Verantwortung. Seit dem Treffen in Gleneagles haben die G8-Staaten es nicht geschafft, sich auf das achte Ziel zu konzentrieren, welches ein gemeinsames Handeln seitens der reichen Länder erfordert, nämlich die Erhöhung der finanziellen Gesamtleistung. Statt dessen sind vage Milliarden für einzelne Millenniumsziele zugesichert worden, jedoch nie über bereits eingegangene Verpflichtungen hinausgehend.

Zudem verschleiern nebulöse Angaben, wie viel Hilfe tatsächlich geleistet wurde, wobei alte Zusagen „recycled“ werden, um von der Tatsache abzulenken, dass die Ankündigungen verstärkter Hilfe nicht erfüllt werden. Die EU hat auf vergangenen UN-Gipfeltreffen eine hervorragende Führungsqualität gezeigt, aber zu dem Gipfeltreffen in diesem September 2011 wird sie mit leeren Händen erscheinen: Sie erfüllt nicht ihr ureigenstes Vorhaben, bis zum Jahre 2015 0,7% des Bruttosozialprodukts für E-Hilfe bereit zu stellen, und dies ist teilweise der enttäuschenden Leistung großer Länder wie Deutschland geschuldet. In ihrem ersten Entwurf einer EUPosition für das Gipfeltreffen über die Millenniums-Entwicklungsziele hat die Kommission ihr Bestes versucht, einen glaubhaften Weg zu beschreiben, wie die europäischen Zusagen bis 2015 zu leisten seien. Dies hätte einiger Voraussetzungen seitens der Mitgliedsstaaten bedurft:
a)
Erstellung jährlicher, umsetzbarer Pläne zur Erreichung der Ziele und deren Veröffentlichung vor September 2010
b)
Festlegung des geplanten Umfangs an E-Hilfe für den anstehenden Haushalt, sowie Schätzungen für die Jahre bis 2015;
c)
EU-interne Berichterstattung an den Europarat über die Leistungen der EU-Länder.

Weiterhin drängt das EUParlament darauf, als neues Interimsziel bis 2012 0,63% des Bruttosozialprodukts festzulegen. Aber die Mitgliedsländer haben den Entwurf der Kommission erheblich geschwächt. Sie versuchen, sich aus früheren Verpflichtungen zurückzuziehen, fordern aber andere dazu auf, ihre Rolle wahr zu nehmen. In der Zwischenzeit ist eine Menge politischer Lärm und Energie darauf verwendet worden zu diskutieren, wie den armen Ländern bei der Bewältigung des Klimawandels zu helfen sei und wie man neue innovative Finanzierungsmöglichkeiten schaffen könne, wie z.B. eine Finanztransaktionssteuer, obwohl nicht ein einziges Mitgliedsland, welches eine solche Steuer befürwortet, diese für E-Hilfe bereitstellen möchte.

Auch wenn hier Einigung erreicht würde – solange nicht sicher gestellt ist, dass solche Mittel zusätzlich zu den bereits festgelegten 0,7% zu denken sind, ist dies nicht mehr als heiße Luft, lenkt nur ab und trägt nicht bei zum Erreichen der Millenniums- Entwicklungsziele. All dies ist kein gutes Zeichen für den Millenniumsgipfel 2010. Weil die reichen Länder zögern, ihre Maßnahmen auf UN-Ebene zu diskutieren, neigen UN-Gipfel dazu, Übereinkünfte, welche andernorts (z.B. Welthandelskonferenz oder EU Gipfel) erreicht worden sind, festzuschreiben. Ohne eine europäische Führung, verbunden mit der Bereitschaft, die Geberpolitik zu verbessern, werden die reichen Länder ihre Glaubwürdigkeit verlieren, wenn sie die Regierungsführung der E-Länder in Frage stellen.

Dies würde den E-Ländern erlauben, bei ihrer Gewohnheit zu bleiben, äußere Einflüsse für ihr Los verantwortlich zu machen und so die wichtigen Erfolge der Millenniumserklärung zu unterlaufen - nämlich das Eingeständnis, dass E-Länder für die eigene Entwicklung und für das Erreichen der Millenniumsziele zuallererst selber die Verantwortung tragen. Deutschland hat einen signifikanten Anteil an der Differenz zwischen den zugesagten Milliarden und dem, was tatsächlich geleistet wurde – und dieses „Minus“ wird in den kommenden Jahren zunehmen, weil das deutsche E-Hilfe-Budget stagniert. Die deutsche E-Hilfe fiel auf 0,35% des Bruttosozialprodukts im Jahre 2009, und weil keine wesentlichen Zuwächse budgetiert sind, wird Deutschland klar das diesjährige EU Ziel von 0,31% verfehlen und – wegen fehlender Aufstockungen im geplanten Zeitrahmen – ebenfalls die 0,7% für 2015.

Inzwischen haben andere Länder, wie Spanien und GB, ihre Hilfen deutlich aufgestockt, obwohl sie von der „Krise“ härter betroffen sind. Von Deutschland als Europas größter und überaus verantwortlicher Volkswirtschaft sollte man eigentlich nicht erwarten, dass es so weit
unter dem EU-Mittel liegt! Nur Österreich, Italien, Griechenland und Portugal liegen noch darunter. Die Effektivität von E-Hilfe Die Effektivität von E-Hilfe hängt ab von der vielfältigen Art und Weise ihrer Umsetzung auf Geber- und Empfängerseite und von anderen Bedingungen. Die wichtigste ist, dass Geber und Empfänger sich in Folgendem einig sind: „Nicht die Geber entwickeln Länder - E-Länder entwickeln sich selbst.“Daraus folgt, dass die E-Länder die Verantwortlichen und „Besitzer“ der Hilfsprogramme sind. Ohne diese Zuordnung kann die Hilfe keine dauerhafte Wirkung entfalten.

Seit Jahrzehnten gibt es besorgte Betroffenheit über die Effektivität von E-Hilfe. Neu ist, dass heute Spender anerkennen, dass sie Teil des Problems sind und übereingekommen sind, auch Teil der Lösung zu werden. Es existiert nunmehr ein breiter internationaler Konsens, welcher auf der Erkenntnis wohl dokumentierter Lektionen basiert, welche aus den Fehlern und Misserfolgen des vergangenen halben Jahrhunderts gelernt wurden. Dieser Konsens zeigt sich in den Paris/Accra-Erklärungen über Hilfseffektivität, welche von allen OECD Regierungen, vielen E-Ländern und NGO´s unterzeichnet sind. Die OECD misst die Qualität der Hilfe aus Sicht der Spender an einem standardisierten Index, wobei die Hilfe in ihrer Verfügbarkeit für das E-Land gesehen wird (Country Programmable Aid). Diese CPA ergibt sich nach Abzug aller „Hilfe“, die im Geberland ausgegeben wird, und sie ist nicht voraussagbar, d.h. nicht geeignet für die Planung von Entwicklungsmaßnahmen seitens der Empfänger. Diese für die E-Länder „programmierbare“ Hilfe macht gemäß OECD Berechnungen weniger als die Hälfte (46,8%) der Brutto Hilfe 2005 aus, wobei die deutsche CPA-Leistung von nur 30% für 2005 noch beträchtlich unter dem OECD Mittel liegt.

„Besitz“ der Hilfsmittel und Einstellung der Geber

Aus den OECD-Berichten zur Überwachung der Pariser Erklärung ergibt sich, dass Deutschlands Leistungen, trotz einiger Fortschritte, weit unter den Zielen für 2010 liegen; dies bezieht sich besonders auf die geringe Nutzung der Systeme der Partnerländer. Der Kerngedanke der Pariser Erklärung ist die Integration von E-Hilfe in die Haushaltsplanung des Empfängerlandes. Die Geberländer müssen sehen, dass die E-Länder – nicht allein deren Regierungen, sondern auch ihre Parlamente und Gesellschaften – ihre eigenen Strategien für die Verbesserung ihrer Institutionen und die Bekämpfung von Korruption entwickeln müssen. Geber sollten diesen Besitzaspekt respektieren. Hilfsgelder an sich verwandeln sich nicht in Entwicklung, und die Millenniumsziele lassen sich nicht rein rechnerisch erreichen.

Die Geberländer müssen aufhören, in Kategorien von „unseren“ deutschen oder niederländischen Projekten zu denken, sondern diese als „deren“(des E-Landes)E-Prozesse betrachten. Geber müssen weg vom Gedanken, dass dort „unsere“ Schulen und Hospitäler gebaut werden und hin zu „deren“ Erziehungs- und Gesundheitspolitiken, und sie sollten – soweit wie möglich – das Management der Partnerregierung überlassen. Es gilt, den Empfängern ihre eigenen Vorgehensweisen zu erlauben, sich aber zu vergewissern, dass die
Verteilung der Hilfe der Kontrolle durch Bürger und Parlament unterliegt. Traditionellerweise bestehen Hilfsprogramme hauptsächlich aus einer Vielzahl einzelner, vom Spender durchgeführter Projekte. Diese Hilfe alten Stils geht nicht an die Wurzel desProblems einer unzureichenden Dienstleistung z. B. auf den Gebieten Erziehung und Gesundheit. Ein bestimmtes Projekt führt nicht zu Entwicklung, wenn es die Gesamtpolitik und -verantwortung der Regierung des E-Landes umgeht oder ignoriert. Diese durch den Geber bestimmte Herangehensweise hat zu einem Bündel kleiner unkoordinierter Spenderprojekte geführt, welche – auch wenn sie erfolgreich sind – kaum einen Knick in der Entwicklungskurve bewirkt haben. Sie waren winzige Inseln der Perfektion in einem Meer des Elends, und sie versanken in diesem Ozean, sobald der Spender sich zurückzog. Wer sollte denn auch für die Unterhaltungskosten und die Gehälter der Lehrer und Krankenschwestern aufkommen?!

Die E-Hilfe alten Stils hat auch gute Regierungsführung behindert. Die Verpflichtung zur Rechenschaft gegenüber dem Spender verdrängte die gegenüber den betroffenen Bürgern und deren gewählten Vertretern geschuldete Rechenschaftspflicht. So lange die Geber von Hilfe nicht mit der Landesregierung kooperieren, erwarten dessen Bürger die Erfüllung ihrer Wünsche von der Spendergesellschaft, anstatt von der eigenen Regierung die Erfüllung ihrer Aufgaben zu fordern.

Die Zählebigkeit alter Gewohnheiten

Spender neigen allein deshalb dazu, projektorientierte Finanzhilfen vorzuziehen, weil sie annehmen, dass diese vorzeigbarere Ergebnisse zeitigen und vom „guten“ politischen Willen zeugen. Minister brauchen, wenn sie in Afrika unterwegs sind, einen Fototermin mit ihrer Nationalflagge vor der kleinen Schule, die mit den Steuergeldern ihres Landes gebaut wurde. Wesentlich geht es darum, den Eindruck zu vermitteln, sie hätten die Kontrolle über gewisse Projekte und könnten so besser Rechenschaft gegenüber ihren Parlamentariern und Steuerzahlern ablegen. Indem aber Mittel an den nationalen Haushalten der E-Länder vorbei geleistet werden, vermitteln die Spender nur sich selbst ein (falsches) Gefühl von Sicherheit. In der Vergangenheit hat man angeführt, dass so angelegte Mittel mit größerer Sicherheit in „richtige“ Vorhaben, wie Primarbildung, statt in Rüstung gesteckt würden. Durch das Bereitstellen von Finanzhilfe mit dem Argument der „richtigen“ Investition entlässt man aber die Regierungen aus ihrer Verantwortung, eben diese Investition selbst zu erbringen und verschafft ihnen faktisch Budgetmittel für andere Vorhaben.

Der Versuch, Hilfsmittel durch derartige Projektbindung zu schützen, beruhigt die Spender. Aber Geld ist austauschbar. Kein äußerer Einfluss kann isoliert vom allgemeinen Zusammenhang gesehen werden: So mag ein Spender zwar die Illusion der Kontrolle erhalten, tatsächlich aber die Effektivität von Entwicklung untergraben. Gute Regierungsführung Es ist gut, dass Spender nicht mehr bedingungslos große Summen an kleptokratische Diktatoren von der Art eines Mobutu überweisen. Aber heute ist das Pendel zu sehr nach der anderen Seite ausgeschlagen. Während des vergangenen Jahrzehnts haben viele Länder Afrikas große Verbesserungen in ihrer Regierungsführung erreicht - die wirtschaftliche Verwaltung ist effizienter und die staatlichen Strukturen sind demokratischer geworden.

Dazu gehören natürlich durchsetzungsfähigere Parlamente und selbstbewusstere Gesellschaften. Dennoch ist die Wahrnehmung immer noch bestimmt von dem Gedanken, dass afrikanische Regierungen und ihre Einrichtungen des öffentlichen Sektors nicht gut funktionieren. Folglich hören viele Spender nicht auf die Regierungen, sind nicht gewillt, diese finanziell zu unterstützen und versuchen, oft mit Hilfe von NGO´s, an ihnen vorbei zu handeln. So verfestigen sie bestehende Verhältnisse und untergraben die Rechenschaftspflicht vor Ort, einschließlich des mächtigsten parlamentarischen Instituts der jährlichen Prüfung und Absegnung des nationalen Haushalts. Es gibt aber keinen besseren Weg zu gutem Regieren, als dass die eigenen Bürger aufstehen, um ihre Meinung zu sagen und Rechenschaft zu fordern.

Unterstützung staatlicher Haushaltbudgets

Die Unterstützung des Budgets ist die ultimative Art der E-Hilfe, und unabhängige Untersuchungen haben gezeigt, dass Budgethilfe das öffentliche Management der Finanzen in den Empfängerländern zu verbessern hilft - unter Nutzung der Systeme des Empfängerlandes. Dafür bedarf es einer gewissen Entspannung zwischen dem Geberland und derartigen Systemen. Geberländer, welche über Jahre die Budgets von E-Ländern erfolgreich unterstützt haben, können die Effektivität dieses Vorgehens bezeugen, ebenso die Tatsache, dass den Steuerzahlern Ergebnisse wichtiger sind als Prozeduren.

Die eigenen Ressourcen der E-Länder

Die ganze Diskussion über E-Hilfe hat viel zu lange ignoriert, dass Entwicklung nicht nur bedeutet, den gespendeten Dollar oder Euro klug anzulegen, sondern auch, wie Hilfe empfangende Länder ihre eigenen Ressourcen gebrauchen. Sogar in den bedürftigsten Ländern machen diese Ressourcen den Hauptanteil der Finanzen für die Entwicklung aus. Der einzige Weg für Geberländer, sicher zu stellen, dass ihre Finanzhilfe gut genutzt wird, ist die Überwachung des gesamten Budgets des Empfängerlandes und die gleichzeitige Hilfestellung bei der Verbesserung der Systeme des öffentlichen Finanzmanagements des Landes. Und genau dies geschieht zur Zeit, indem viele Geberländer die Pariser Beschlüsse umsetzen, indem sie arme Länder unterstützen, statt deren Bemühungen einer eigenständigen Entwicklung zu untergraben.

Geberländer können nicht einerseits den E-Ländern sagen, dass sie die Hauptverantwortung für ihre Entwicklung haben und darauf drängen, dass sie die Entwicklungsplanungen und - programme als ihre Sache betrachten, und andererseits Mikromanagement und Spenderprozeduren in eigener Regie halten. Die E-Hilfe alten Stils passt zum Mythos westlicher Überlegenheit – und verstärkt diesen gar:

„Wir sagen wo’s lang geht, ihr hört zu - wir geben, ihr nehmt - wir wissen, ihr lernt - wir nehmen uns der Dinge an – weil ihr’s nicht könnt....usf.“ Ironischerweise kann die Effektivität von E-Hilfe nicht zunehmen, wenn die Geber nicht ihrer natürlichen Neigung widerstehen (in Deutschland sehr ausgeprägt), den Gebrauch der Hilfe durch die Nutznießer genau zu kontrollieren. Die derzeitige chaotische Hilfsarchitektur: Zu viele Spender. Ein anderer Faktor, der die Effektivität von E-Hilfe untergräbt, ist die Zunahme an Spendern,
wodurch die administrativen Möglichkeiten des Empfängers überbeansprucht werden. Die Zahl der E-Länder mit mehr als 40 aktiven offiziellen Spendern hat sich von Null im Jahre 1990 auf über 30 heute aufgebläht, und die Zahl der individuellen Hilfsprojekte beträgt nahezu 100.000 – durchschnittlich kaum mehr als 1 Million US$ per Projekt. Dazu haben einige Geberländer, auch Deutschland, nicht nur eine Hilfsbehörde, sondern mehrfache Einrichtungen, jede mit ihren eigenen Prioritäten und Vorgehensweisen, mit denen sich die Empfänger auseinandersetzen müssen. Insbesondere wenn diese Spender projektbezogene Hilfe alten Stils leisten, sind die Transaktionskosten riesig.

Da unterschiedliche Spender ihren eigenen Regeln folgen, was Bereitstellung, Durchführung, Kontrolle und Auswertung betrifft, bedeuten Tausende von einzelnen Hilfsprojekten einen riesigen verschwenderischen Verwaltungsaufwand für ohnehin schwache Partnerregierungen. Die Empfänger sehen sich genötigt, eine Vielzahl komplizierter Regeln einzuhalten und jede Menge schriftlicher Berichte für verschiedene Spender anzufertigen mit genau demselben Informationsgehalt. Überdies müssen sie ständig irgendwelche „Gesandtschaften“ empfangen und zufrieden stellen, was sie davon abhält, ihre Länder zu regieren und eigene politische Vorstellungen zu entwickeln.

Spender sind oft mitverantwortlich für die sogenannte „beschränkte Aufnahmekapazität“, welche dann von einigen Spendern als Vorwand genutzt wird, die E-Hilfe zu beschränken. Spender sollten also effektiver zusammen arbeiten und sich über eine bessere Arbeitsteilung verständigen. Als Deutschland den EU Vorsitz inne hatte, brachte man diesen Punkt auf die Tagesordnung, aber es blieb bei vollmundigen Absichtserklärungen, da die Geberländer ihre Präsenz in vielen Ländern und auf vielen Arbeitsfeldern erheblich reduzieren müssten. Die EU sollte in der Lage sein – wie es auch beim Volumen der EU-Hilfe geschah – zeitgebundene Verpflichtungen hinsichtlich der Paris/Accra-Ziele einzugehen und die Arbeitsteilung im Sinne der EU-Statuten umzusetzen. Da die EU zwei Drittel der offiziellen Geberländer umfasst, welche mehr als die Hälfte aller E-Hilfe leisten, kann zügiges Handeln auf EU-Ebene die Transaktionskosten erheblich reduzieren.

Der wirkungsvollste Weg, die Zahl der individuellen Spender zu verringern, wäre offenbar die Kanalisierung von Hilfe durch multilaterale Organisationen, wie es z. B. Spanien macht. Bei den meisten Indikatoren für die Effizienz von E-Hilfe schneidet die Weltbank besser ab als der durchschnittliche bilateral wirkende Spender. Darüber hinaus ist die Weltbank auf die Unterstützung für arme Länder fokussiert, während von bilateraler Hilfe zu sehr die Länder mittleren Volkseinkommens profitieren, die eigentlich von außen bereitgestellter Ressourcen nicht bedürfen, um die Millenniumsziele zu erreichen.

Während der zurückliegenden Jahre ist ca. 60% der deutschen E-Hilfe in Länder mittleren Volkseinkommens und in  Schwellenländergeflossen, wie z.B. Brasilien, China, Indien und Südafrika, welche mittlerweile selbst zu den Geberländern gehören. Deutschlands Anteil an E-Hilfe für das subsaharische Afrika (weniger als 25%) war niedriger als die durchschnittliche diesbezügliche Gesamtleistung anderer Länder – trotz der in Gleneagles gegebenen Zusage, die Hilfe für diese Region zu verdoppeln. Deutschlands Beitrag zur Erreichung der Millenniumsziele würde erheblich zunehmen, wenn seine Hilfsprogramme sich auf die am wenigsten entwickelten Länder mit dem niedrigsten Volkseinkommen richtete. Dazu bedarf es keines neuen Plans, sondern lediglich der Umsetzung der wiederholt gegebenen Versprechen:
1.
die 0,7% des Bruttosozialprodukts aufzubringen und auszugeben
2.
den Anteil an der Hilfe zu erhöhen, welche den E-Ländern in Eigenregie zur Verfügung gestellt wird
3.
die Verbesserung der Zusammenarbeit mit anderen Geberländern und bessere Koordination von „Missionen“, Analysen und technischer Hilfe
4.
ein höherer Anteil an multilateral geleisteter Hilfe
5.
die stärkere Fokussierung auf die bedürftigsten Länder Afrikas.

Deutschland bleiben dafür 5 Jahre. Umfragen belegen, dass die Deutschen ein solches Handeln ihrer Regierung befürworten. Man ist sich bewusst, dass in der heutigen globalisierten und wohlhabenden Welt allen Menschen menschliche Würde und ein minimales Niveau sozialer Sicherheit garantiert werden sollten, dazu eine Grundversorgung mit Nahrung, gesundheitlicher Fürsorge und Bildung. Übersetzung aus dem Englischen: Jürgen Bartuschek Überarbeitung und Fotos: Hermann Schmitz

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